Gedichte zum Jahreswechsel

Winterüberdruss

Du falscher Winter, hältst zu lange alles fest!
Du lässt nichts los! Was erst bloß eingefangen,
dann eingezwängt, umklammert wie von Zangen,
scheint jetzt belegt mit strengem Turmarrest.

Ob Düsternis uns niemals mehr verlässt?
Natur und Mensch allmählich darum bangen,
ob je zurück in Freiheit sie gelangen.
Ein jedes ist von langer Haft gestresst.

Verdunkelt hat auch mir sich das Gemüt.
Der Frohsinn, abgebrannt und eingesunken,
ist aschegleich am Ende ganz verglüht.

Hab’ ich der Schwermut Bitterkeit getrunken?
Die Sehnsucht wächst, dass alles wieder blüht,
dass Frühling zündend sich versprüht in Funken!


Frühlingsmorgen

Oh, Frühlingsmorgen, sonnenüberstrahlt
geleitest du den Tag in seine Bahnen!
Wer eingemauert, wird wohl kaum erahnen,
wie alles ringsumher mit Farben prahlt.

Und wessen Herz verschlossen, gar verschalt,
ob der von diesem Aufbruch lässt sich mahnen,
zu überdenken all sein Wirken, Streben, Planen
und was bisher von ihm dafür bezahlt?

Natur, ach, hol’ mich ’raus aus dieser Enge,
befreie mich von auferlegter Strenge
und mach’ mir alle meine Sinne weit,

damit ich spüre Düfte, Farben, Klänge,
der Lebewesen aufmunternd Gedränge
und recht genieße diese Frühlingszeit!


Eberhard Kleinschmidt