Gedichte zum Jahreswechsel

Und nun?

Wird das wohl jemals wieder so, wie’s war?
Ist alles, was mal war, bloß ausgesetzt
auf Zeit nur oder gar für immer jetzt?
Es ging so viel verlor’n in diesem Jahr!
Die Frage ist: Was wollen wir zurück?
Gar alles? Vieles? Oder nur ein Stück?

Wie ungewiss war’s doch, als es begann!
Was ist da los? Was ist das bloß? Und wo?
Betrifft das uns? Weit weg. Wir sind heilfroh:
Wird wieder mal verschwinden irgendwann …
Und dann war dieses ETWAS plötzlich da.
Bei uns. Was nicht erwartet, es geschah.

Wie rasch im Lande breitet ES sich aus!
Und Kranke, Tote nun bald überall!
Gezählt wird täglich jeder Todesfall.
Auch ich von Atemnot bedroht? Oh Graus!
Ein Alp ist’s, der sich legt auf‘s ganze Land,
von Angst vor nahem Stillstand wie gebannt.

Und nun ist alles erstmal stillgelegt,
damit der Menschen Leben sei geschützt.
Gefragt wird nicht, wem das vielleicht nicht nützt,
sodass der Unmut hier und da sich regt:
Man fühlt sich allerorten eingeengt,
will nicht, dass Leben länger eingeschränkt

Doch ist solch‘ Leben wirklich so begrenzt?
Gewiss, man konnt‘ für lange Zeit kaum raus.
Gewiss, man arbeitet‘ vom Hause aus.
Begrenzung als das große Schreckgespenst?
Was war mit all den vielen andren Dingen,
die halfen, dass das Leben konnt‘ gelingen?

Wie war’s, sich auf sich selbst mal zu besinnen?
Wie war’s, Entschleunigung doch mal zu lernen?
Wie war’s, doch mal sein Ego zu entkernen?
Wie war’s, mit Solidarität mal zu beginnen?
Wie war’s, Konsum doch mal zu überdenken?
Wie war’s, der Umwelt mal zum Lufthol’n Zeit zu schenken?

Ja, soll nun wirklich alles wiederkehren
so, wie‘s mal war vor der Corona-Zeit?
Sind unnachgiebig wir und nicht bereit,
zu fassen, was die Krise uns will lehren?
Ja, woll‘n wir den Verlust bloß bilanzieren,
statt auch mal den Gewinn zu deklarieren?


Eberhard Kleinschmidt